Tramaico hat geschrieben:...Ich habe Deutschland vor mehr als 10 Jahren verlassen und stehe noch auf dem Stand von 2000...
...Ob Deutschland in diesen Jahren tatsaechlich so den Bach runtergegangen ist, kann ich somit nicht beurteilen....
Da hast Du wirklich einiges nicht mehr mitbekommen.
Gerade in den letzten 10 Jahren hat sich Deutschland brutal verändert.
Das Lohngefüge kam und kommt im unteren Drittel zu einem Lohnverfall und zieht die Mittelschicht dadurch mit herunter, die immer mehr erodiert.
Es wird den Stammbelegschaften mit einem Heer von Leiharbeitern (die min. 30 % weniger Lohn bekommen) Angst gemacht.
Zeitarbeitsfirmen haben Hochkonjunktur.
Neue Arbeitsplätze gibt es kaum noch als Festanstellungen, sondern mit Zeitverträgen. Eine "Planungssicherheit" für AN gibt es kaum noch.
Bisher normale Arbeitsplätze werden gekündigt, zu (zum Teil selbst geschaffene) Zeitarbeitsfirmen ausgelagert und von diesen wieder übernommen. Allerdings zum halben Lohn, bzw. erheblich weniger als zuvor.
Das Hartz4-Gesetz, welches 2005 in Kraft trat, hat dann erheblich mit dazu beigetragen, dass der Niedriglohnsektor weiter wächst.
Bedroht von Sanktionen bis hin zur kompletten Streichung der ALGII-Bezüge wurde in prekäre Arbeitsverhältnisse gedrückt, mit Löhnen, von denen man, selbst bei Vollzeitarbeit, nicht leben kann.
Dabei ist bemerkenswert, dass im Niedriglohnsektor unter 8 Euro/Std. 70,4 % eine Ausbildung haben, sowie 8,4 % Hochschulabschluss.
Insgesamt sind das mittlerweile über 5 Millionen Arbeitnehmer. Tendenz steigend. (s. Statistik Beitrag 107)
Die Antwort der Politik auf die prekären Arbeitsverhältnisse, die unter dem H4-Satz liegen ist der "Kombilohn", es wird also bis zum H4-Satz vom Staat aufgestockt, von Steuergeldern natürlich.
Die Aufstocker betragen mittlerweile ca. 1,5 Millionen Arbeitnehmer.
Wirkliche Steuereinnahmen und Sozialabgaben werden dadurch nicht generiert. Bei längerfristigen prekären Arbeitsverhältnissen, oft mit Unterbrechungen der Arbeitslosigkeit, werden Renten von Millionen Menschen das Sozialhilfeniveau nicht erreichen und auch wieder, als Sozialrente, aufgestockt werden müssen.
Und dennoch wehrt sich die Politik in Deutschland gegen einen flächendeckenden Mindestlohn, obwohl es um uns herum in Europa meist schon Mindestlöhne gibt.
Beispiel aus Frankreich bezüglich Zeitarbeit. Dort muss dem Arbeitnehmer der gleiche Lohn wie dem Stammarbeiter gezahlt werden, zuzüglich 10 % für die notwendige Flexibilität.
Würde dies so in Deutschland eingeführt werden, hätte die Zeitarbeit wieder den Stellenwert, den sie ursprünglich einmal hatte, nämlich Spitzen abzudecken.
Ein Lohndumping-Instrument mit der Zeitarbeit ist dann nicht mehr möglich.
Die anstehende wirtschaftliche Osterweiterung der EU wird den Druck auf die Löhne nach unten noch verstärken.
Das Szenario könnte noch weiter beschrieben werden.